Unternehmenskauf

Der Kauf eines mittelständischen Unternehmens (KMU) unterscheidet sich in vielen Aspekten von großen M&A-Transaktionen. Neben klassischen gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Aspekten spielen oft Nachfolgeplanung, Finanzierungsstruktur und individuelle Gesellschafterverhältnisse eine große Rolle.


I. Überblick: Besonderheiten des KMU-Unternehmenskaufs

Ein KMU-Unternehmenskauf ist geprägt durch folgende Besonderheiten:
🔹 Eigentümerstruktur: Oft inhabergeführte Unternehmen mit begrenzter Haftungsstruktur.
🔹 Nachfolgethematik: Verkauf oft aus Altersgründen oder mangels Nachfolger.
🔹 Weniger standardisierte Prozesse als bei großen M&A-Transaktionen.
🔹 Persönliche Verflechtung der bisherigen Eigentümer mit Kunden und Lieferanten.
🔹 Finanzierung häufig über Bankdarlehen oder Private Equity, da Käufer selten große Kapitalreserven haben.

Arten des KMU-Unternehmenskaufs

  • Asset Deal: Kauf einzelner Wirtschaftsgüter oder Geschäftsbereiche.
  • Share Deal: Erwerb der Unternehmensanteile.
  • Management-Buy-Out (MBO): Übernahme durch bestehendes Management.
  • Management-Buy-In (MBI): Übernahme durch externes Management.

Jede dieser Formen hat steuerliche und haftungsrechtliche Vor- und Nachteile, die im Folgenden erläutert werden.


II. Ablauf eines KMU-Unternehmenskaufs

Der Kauf eines mittelständischen Unternehmens verläuft in mehreren Schritten.

1. Sondierungsphase (3–6 Monate)

✅ Identifikation potenzieller Zielunternehmen.
✅ Erste Kontaktaufnahme und Vorverhandlungen.
✅ Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA).
✅ Erstellung einer Absichtserklärung (Letter of Intent, LOI).

2. Due Diligence (2–6 Monate)

✅ Prüfung von Finanzen, Steuern, Recht, Verträgen und Compliance.
✅ Offenlegung von Verbindlichkeiten und Risiken.
✅ Bewertung der Mitarbeiterstruktur, Kundenbindung und Lieferketten.
✅ Prüfung von Patenten, Lizenzen und geistigem Eigentum (IP).

🔹 Typische Probleme:

  • Intransparente Buchhaltung in familiengeführten Unternehmen.
  • Nicht dokumentierte Geschäftsbeziehungen (z. B. mündliche Lieferantenabsprachen).
  • Altlasten oder ungeklärte Pensionsverpflichtungen.

3. Kaufvertragsverhandlungen (2–4 Monate)

✅ Erstellung eines Share Purchase Agreements (SPA) oder Asset Purchase Agreements (APA).
✅ Regelung von Earn-Out-Klauseln (erfolgsabhängige Kaufpreisbestandteile).
✅ Definition von Haftungsregelungen, Garantien und Freistellungen.
✅ Finanzierungsklauseln und Sicherheiten.

🔹 Häufige Streitpunkte:

  • Unterschiedliche Kaufpreisvorstellungen aufgrund verschiedener Bewertungsmethoden.
  • Streit über Garantien und Haftung des Verkäufers.
  • Verkäufer will Einfluss behalten, Käufer wünscht vollständige Kontrolle.

4. Abschluss (Closing) & Übergangsphase (3–12 Monate)

✅ Erfüllung aller Bedingungen aus dem Kaufvertrag.
✅ Einholung kartellrechtlicher Genehmigungen (falls erforderlich).
✅ Übertragung von Mitarbeiterverträgen und Lizenzen.
✅ Regelung einer Übergangsphase mit Beratung durch den Alt-Eigentümer.

🔹 Typische Herausforderungen:

  • Kunden und Lieferanten reagieren negativ auf den Eigentümerwechsel.
  • Probleme bei der Finanzierung, wenn Banken zusätzliche Sicherheiten fordern.
  • Mitarbeiterwiderstand bei Veränderungen in der Geschäftsführung.

III. Rechtliche Strukturen beim KMU-Unternehmenskauf

1. Share Deal (Anteilskauf)

💼 Unternehmenskauf durch Erwerb von Gesellschaftsanteilen (GmbH, AG, KG).
✅ Einfachere Übernahme, da alle Verträge und Mitarbeiter bestehen bleiben.
✅ Steuerlich vorteilhaft für Verkäufer, da Gewinne niedriger besteuert werden können.
❌ Käufer übernimmt alle Verbindlichkeiten, auch unbekannte Altlasten.
❌ Zustimmungspflichten von Banken oder Gesellschaftern können Übernahme erschweren.

🔹 Beispiel:
Ein Private-Equity-Investor übernimmt 70 % der GmbH-Anteile, der Alt-Gesellschafter bleibt als Minderheitsgesellschafter und Berater.


2. Asset Deal (Übertragung von Wirtschaftsgütern)

📑 Erwerb einzelner Vermögenswerte statt ganzer Gesellschaft.
✅ Käufer kann gezielt nur werthaltige Vermögenswerte übernehmen.
✅ Altlasten und Verbindlichkeiten bleiben in der alten Gesellschaft.
❌ Steuerlich oft nachteilig, da stille Reserven aufgedeckt werden.
❌ Einzelne Vertragsübertragungen mit Kunden und Lieferanten notwendig.

🔹 Beispiel:
Ein mittelständischer Maschinenbauer übernimmt nur die Maschinen und Patente eines Wettbewerbers, nicht aber dessen Altverbindlichkeiten.


3. Management-Buy-Out (MBO) & Management-Buy-In (MBI)

🏢 Kauf durch bestehendes oder externes Management.
✅ Sicherung von Kontinuität, da Management bereits vertraut ist.
✅ Häufig durch Banken oder Private Equity finanziert.
❌ Finanzierung oft schwierig, da Käufer selten über große Kapitalreserven verfügt.
❌ Gefahr, dass Unternehmenskultur sich negativ verändert.

🔹 Beispiel:
Die langjährigen Geschäftsführer einer Familien-GmbH kaufen die Firma über eine Holdinggesellschaft und finanzieren den Kauf durch ein Bankdarlehen.


IV. Finanzierungsoptionen für KMU-Unternehmenskäufe

1️⃣ Eigenkapital des Käufers
2️⃣ Bankdarlehen oder Förderkredite (z. B. KfW-Förderung)
3️⃣ Private Equity oder Venture Capital Finanzierung
4️⃣ Mezzanine-Finanzierung (z. B. Wandelanleihen, stille Beteiligungen)
5️⃣ Earn-Out-Klauseln (erfolgsabhängige Kaufpreiszahlungen)

🔹 Beispiel:
Ein Käufer nutzt eine Kombination aus 40 % Eigenkapital, 40 % Bankdarlehen und 20 % Earn-Out, um den Kauf zu finanzieren.


V. Typische Streitigkeiten und Lösungen

Streit über Kaufpreis und Unternehmensbewertung
➡ Lösung: Schiedsgutachter oder Earn-Out-Klauseln

Haftungsrisiken durch versteckte Altlasten
➡ Lösung: Garantien, Freistellungen oder Escrow-Konten

Minderheitsgesellschafter blockieren den Verkauf
➡ Lösung: Drag-Along-Klauseln oder Zwangsverkaufsrechte

Unstimmigkeiten nach dem Closing
➡ Lösung: Übergangsmanagement und Mediation


VI. Erfolgsfaktoren für den KMU-Unternehmenskauf

Sorgfältige Due Diligence zur Vermeidung von Haftungsrisiken.
Flexible Kaufpreisgestaltung mit Earn-Outs zur Risikominderung.
Detaillierte Vertragsgestaltung mit Governance-Regeln und Exit-Klauseln.
Stabile Finanzierungsstruktur, um Liquiditätsrisiken zu vermeiden.

Durch vorausschauende rechtliche und steuerliche Planung lassen sich Risiken minimieren und der Kauf eines KMU erfolgreich gestalten! 🚀

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