M&A Praxis

Ein M&A-Prozess (Mergers & Acquisitions) ist ein komplexer und mehrstufiger Ablauf, der Unternehmen beim Kauf oder Verkauf von Gesellschaften oder Unternehmensteilen begleitet. Er umfasst wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche und operative Prüfungen und ist entscheidend für den Erfolg einer Transaktion. Nachfolgend wird das gesamte Verfahren strukturiert dargestellt.


1. Vorbereitungsphase

Zielsetzung & Strategieentwicklung

  • Käufer und Verkäufer definieren ihre jeweiligen Ziele:
    • Käufer: Markterweiterung, Synergien, Zugang zu Technologie oder Kundenbasis.
    • Verkäufer: Nachfolgeregelung, strategischer Verkauf, finanzielle Restrukturierung.
  • Strategische Optionen werden geprüft (Asset Deal vs. Share Deal).
  • Erstellung eines unverbindlichen Teasers für potenzielle Investoren.

Identifikation potenzieller Käufer/Verkäufer

  • Marktanalyse und gezielte Ansprache potenzieller Transaktionspartner.
  • Einbeziehung von M&A-Beratern und Rechtsanwälten.
  • Erste Indikation des Unternehmenswerts mittels Bewertungsverfahren wie DCF (Discounted Cash Flow) oder Multiplikatorverfahren.

2. Due-Diligence-Prüfung (DD)

Ziel der Due Diligence ist die umfassende Überprüfung des Zielunternehmens auf Risiken, Chancen und strategische Implikationen. Sie erfolgt in mehreren Bereichen:

a) Rechtliche Due Diligence

  • Überprüfung von Gesellschaftsverträgen, Satzungen und Handelsregistereinträgen.
  • Identifikation von Beschränkungen, Vorerwerbsrechten, Pfandrechten oder stillen Beteiligungen.
  • Prüfung laufender und vergangener Rechtsstreitigkeiten.
  • Bewertung von Arbeitsverträgen und potenziellen Haftungsrisiken.
  • Kartell- und wettbewerbsrechtliche Aspekte (Fusionskontrolle).

Beispiel:
Ein Käufer plant den Erwerb eines Produktionsunternehmens. Bei der Due Diligence stellt sich heraus, dass ein stiller Gesellschafter ein Veto-Recht bei einem Verkauf hat – eine Hürde, die vorab vertraglich geklärt werden muss.

b) Finanzielle Due Diligence

  • Analyse von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Cashflows.
  • Prüfung der Liquiditätslage und Kreditverpflichtungen.
  • Identifikation versteckter Schulden oder finanzieller Risiken.
  • Prüfung steuerlicher Risiken und laufender Betriebsprüfungen.

Beispiel:
Ein Unternehmen weist stabile Gewinne aus, aber die Due Diligence offenbart hohe latente Steuerschulden aufgrund fragwürdiger Abschreibungspraktiken. Dies führt zu einer Kaufpreisanpassung.

c) Steuerliche Due Diligence

  • Überprüfung steuerlicher Risiken aus Betriebsprüfungen oder internationalen Steuerstrukturen.
  • Bewertung möglicher steuerlicher Optimierungen (z. B. Holdingstrukturen, Verlustvorträge).
  • Prüfung auf Steuerverbindlichkeiten bei Transaktionen.

d) Operative & Technologische Due Diligence

  • Analyse der Wertschöpfungskette, Produktionsprozesse und technologischen Standards.
  • Prüfung der IT-Infrastruktur und möglicher Cyber-Security-Risiken.
  • Bewertung von Patenten, Marken und Schutzrechten.

Beispiel:
Ein Softwareunternehmen soll übernommen werden. Die IT-Due Diligence zeigt, dass wichtige Codes nicht geschützt und lizenziert sind, was den Kaufpreis erheblich mindert.

e) Umweltrechtliche & ESG-Due Diligence

  • Prüfung von Umweltauflagen, Altlasten, CO₂-Bilanzen.
  • Überprüfung von Nachhaltigkeitsstrategien und ESG-Konformität.
  • Risiken aus regulatorischen Vorgaben.

Beispiel:
Ein produzierendes Unternehmen wird verkauft. Die Due Diligence zeigt eine Umweltauflage zur Bodensanierung, die 5 Millionen Euro kostet. Der Käufer fordert einen Preisnachlass.


3. Verhandlungs- & Vertragsphase

Indikatives Angebot & Kaufpreisfindung

  • Nach der Due Diligence erfolgt eine indikativen Kaufpreisbildung.
  • Gängige Mechanismen:
    • Earn-Outs (variabler Kaufpreis basierend auf zukünftiger Performance).
    • Locked-Box-Mechanismus (fest definierter Preis basierend auf Stichtagsbilanz).
    • Closing Accounts (nachträgliche Kaufpreisanpassung).

Verhandlung des Kaufvertrags (SPA – Share Purchase Agreement / APA – Asset Purchase Agreement)

  • Festlegung der Garantien & Gewährleistungen.
  • Regelungen zur Haftung und Freistellungen.
  • Mechanismen zur Kaufpreiszahlung und -anpassung.
  • Regelung zu Mitarbeitern, Management und Wettbewerbsverboten.

Beispiel:
Ein Verkäufer garantiert, dass keine laufenden Gerichtsverfahren existieren. Nach dem Closing taucht jedoch eine Schadenersatzklage auf. Der Käufer kann über Gewährleistungsmechanismen eine Kaufpreisanpassung durchsetzen.

Kartellrechtliche Prüfung & Freigabe

  • Ab einer bestimmten Transaktionsgröße müssen Behörden wie das Bundeskartellamt oder die Europäische Kommission die Fusion genehmigen.

4. Signing & Closing

  • Signing: Vertragliche Einigung und Unterzeichnung.
  • Closing: Erfüllung aller Bedingungen (Closing Conditions), z. B.:
    • Zahlung des Kaufpreises.
    • Zustimmung von Behörden.
    • Erfüllung von Bedingungen aus dem SPA (z. B. Entschuldung des Unternehmens).

5. Post-Merger-Integration (PMI)

Nach dem Abschluss der Transaktion beginnt die Integration des Unternehmens:

  • Harmonisierung von IT-Systemen, Prozessen und Kultur.
  • Einhaltung von Wettbewerbs- und Arbeitsrecht.
  • Umsetzung von Synergiepotenzialen.

Beispiel:
Nach einer Fusion zweier Produktionsfirmen müssen Standorte zusammengelegt werden, was zu Einsparungen führt, aber arbeitsrechtlich sensibel behandelt werden muss.


Mögliche Ergebnisse eines M&A-Prozesses

  1. Erfolgreiche Transaktion → Käufer & Verkäufer erzielen ihre Ziele.
  2. Kaufpreisanpassung → Entdeckte Risiken reduzieren den Preis.
  3. Abbruch der Verhandlungen → Zu hohe Risiken oder Uneinigkeit.
  4. Alternative Strukturierung → Umstellung von Share Deal auf Asset Deal oder Earn-Out-Regelungen.
  5. Behördliches Veto → Fusionskontrolle untersagt den Deal.

M&A Verfahren

Ein M&A-Prozess ist eine hochkomplexe Transaktion mit zahlreichen wirtschaftlichen, rechtlichen und operativen Prüfungen. Die frühzeitige Einbindung erfahrener M&A-Anwälte sichert die Transaktion rechtlich ab, minimiert Risiken und schafft eine solide Basis für einen erfolgreichen Deal.

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