Kapitalmarktrecht

Das Kapitalmarktrecht bei Mergers & Acquisitions (M&A) ist ein zentraler Bestandteil der regulatorischen Rahmenbedingungen für Unternehmensübernahmen und Fusionen. Es regelt insbesondere die Transparenz-, Verhaltens- und Veröffentlichungsanforderungen für börsennotierte Unternehmen und betrifft Investoren, Unternehmen, Banken und andere Akteure.

Nachfolgend werden die wichtige kapitalmarktrechtlichen Aspekte von M&A-Transaktionen beleuchtet:

  1. Grundlagen des Kapitalmarktrechts bei M&A
  2. Übernahmerecht und Pflichten nach dem WpÜG
  3. Insiderrechtliche Anforderungen nach der MAR
  4. Ad-hoc-Publizitätspflichten und Marktkommunikation
  5. Kartellrechtliche und regulatorische Aspekte
  6. Kapitalmarktrechtliche Pflichten nach erfolgter Übernahme
  7. Fazit und Bedeutung des Kapitalmarktrechts für M&A

1. Grundlagen des Kapitalmarktrechts bei M&A

Das Kapitalmarktrecht stellt sicher, dass M&A-Transaktionen unter fairen und transparenten Bedingungen ablaufen, insbesondere bei börsennotierten Unternehmen. Wichtige Rechtsgrundlagen sind:

  • Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG): Regelt öffentliche Übernahmen und Pflichtangebote.
  • Marktmissbrauchsverordnung (MAR): Stellt Regeln zu Insiderhandel, Marktmanipulation und Ad-hoc-Publizität auf.
  • Aktiengesetz (AktG): Enthält Vorgaben zu Unternehmensübernahmen, insbesondere bei Kontrollwechseln.
  • EU-Kartellrecht und Fusionskontrolle: Reguliert den Wettbewerb bei Unternehmenszusammenschlüssen.
  • Prospektpflichten nach der EU-Prospektverordnung: Relevanz bei Kapitalerhöhungen oder Börsengängen im Rahmen von M&A.

Das Kapitalmarktrecht unterscheidet sich wesentlich zwischen öffentlichen (börsennotierten) und privaten Unternehmen. Während private Unternehmen weniger strengen Offenlegungspflichten unterliegen, gelten für börsennotierte Unternehmen umfangreiche Transparenz- und Verhaltensregeln.


2. Übernahmerecht und Pflichten nach dem WpÜG

Das deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) regelt die Übernahme börsennotierter Unternehmen und verpflichtet Bieter zu bestimmten Maßnahmen. Die wichtigsten Punkte:

2.1 Freiwillige und Pflichtangebote

  • Freiwilliges Übernahmeangebot: Ein Erwerber kann aus eigenem Antrieb ein öffentliches Angebot für ein Unternehmen abgeben.
  • Pflichtangebot: Nach Überschreiten der Kontrollschwelle von 30 % der Stimmrechte ist ein Bieter verpflichtet, ein Angebot an die übrigen Aktionäre abzugeben (§ 35 WpÜG).

2.2 Angebotsinhalte und Mindestpreise

  • Ein Übernahmeangebot muss klare Bedingungen, insbesondere den Angebotspreis, enthalten.
  • Der Mindestpreis wird durch den Durchschnittskurs der letzten drei Monate und frühere Erwerbspreise des Bieters bestimmt.

2.3 Fairness und Gleichbehandlung

  • Aktionäre müssen gleichbehandelt werden (§ 3 WpÜG).
  • Das Angebot darf keine unangemessenen Bedingungen enthalten.

2.4 Verteidigungsmaßnahmen und Board-Neutralität

  • Das Management der Zielgesellschaft darf nach Bekanntwerden eines Übernahmeangebots keine Abwehrmaßnahmen ohne Zustimmung der Hauptversammlung ergreifen (§ 33 WpÜG).
  • „Break-up fees“ oder andere Maßnahmen zur Verhinderung der Übernahme unterliegen strengen Regeln.

Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) überwacht die Einhaltung dieser Vorschriften und kann Sanktionen verhängen.


3. Insiderrechtliche Anforderungen nach der MAR

Die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) ist entscheidend für M&A-Transaktionen, insbesondere hinsichtlich Insiderhandel und Marktmanipulation.

3.1 Insiderinformationen bei M&A

  • Die Verhandlung über eine Fusion oder Übernahme stellt regelmäßig eine Insiderinformation dar.
  • Unternehmen müssen sicherstellen, dass Insiderinformationen nicht unrechtmäßig weitergegeben werden.

3.2 Insiderlisten und Compliance

  • Unternehmen sind verpflichtet, Insiderlisten zu führen und aktualisieren (§ 18 MAR).
  • Personen mit Insiderwissen müssen über die rechtlichen Konsequenzen informiert werden.

3.3 Insiderhandel und Sanktionen

  • Verkauf oder Kauf von Aktien auf Basis nicht öffentlicher Informationen ist streng verboten.
  • Verstöße können hohe Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

4. Ad-hoc-Publizitätspflichten und Marktkommunikation

Die Veröffentlichungspflichten nach § 17 MAR stellen sicher, dass alle Marktteilnehmer gleich informiert werden.

4.1 Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung

  • Sobald eine M&A-Transaktion konkrete Formen annimmt, muss das Unternehmen eine Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen.
  • Eine aufschiebende Mitteilung ist nur möglich, wenn dadurch keine Marktteilnehmer benachteiligt werden und eine Geheimhaltung gewährleistet ist.

4.2 Marktkommunikation und Spekulationen

  • Unternehmen müssen auf Marktgerüchte reagieren, wenn diese den Aktienkurs erheblich beeinflussen.
  • Kommunikationsstrategie sollte mit der BaFin abgestimmt werden.

5. Kartellrechtliche und regulatorische Aspekte

M&A-Transaktionen, die zu einer Marktbeherrschung führen könnten, unterliegen der Fusionskontrolle.

5.1 Deutsche und EU-Fusionskontrolle

  • Transaktionen mit bestimmten Umsatzschwellen müssen beim Bundeskartellamt (BKartA) oder der EU-Kommission angemeldet werden.
  • Die Prüffrist beträgt bis zu 25 Arbeitstage (Phase I) oder bis zu 90 Arbeitstage (Phase II).

5.2 Branchenspezifische Regulierungen

  • Bankenfusionen unterliegen der Aufsicht der EZB und BaFin.
  • Energieunternehmen benötigen unter Umständen eine Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministerium.

6. Kapitalmarktrechtliche Pflichten nach erfolgter Übernahme

Nach Abschluss der Transaktion müssen Käufer und Unternehmen verschiedene kapitalmarktrechtliche Pflichten erfüllen.

6.1 Beteiligungsmeldungen (§ 33 WpHG)

  • Erwerber müssen bedeutende Stimmrechtsanteile (ab 3 %, 5 %, 10 % usw.) der BaFin und dem Unternehmen melden.

6.2 Delisting und Squeeze-out

  • Falls der Käufer 95 % der Anteile erwirbt, kann er die Minderheitsaktionäre per Squeeze-out ausschließen.
  • Ein Delisting erfordert eine Zustimmung der Hauptversammlung und ein Angebot an die verbleibenden Aktionäre.

6.3 Kapitalmarktkommunikation nach der Übernahme

  • Neue Unternehmensstrategie und Integrationspläne müssen transparent kommuniziert werden.
  • Pflicht zur regelmäßigen Finanzberichterstattung nach IFRS/HGB bleibt bestehen.

7. Bedeutung des Kapitalmarktrechts für M&A

Das Kapitalmarktrecht spielt eine zentrale Rolle bei M&A-Transaktionen börsennotierter Unternehmen und stellt sicher, dass Übernahmen unter fairen und transparenten Bedingungen erfolgen. Die wichtigsten Aspekte sind:

  • WpÜG: Regelt Übernahmeangebote und Pflichtangebote.
  • MAR: Verhindert Insiderhandel und sichert Markttransparenz.
  • Ad-hoc-Publizität: Verhindert Informationsasymmetrien.
  • Kartellrecht: Schützt den Wettbewerb und verhindert Monopole.

Eine sorgfältige kapitalmarktrechtliche Prüfung ist entscheidend, um Rechtsverstöße zu vermeiden und M&A-Transaktionen erfolgreich zu gestalten.

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